Wir sind nun in der Blütezeit unserer heimischen Streuobstwiesen angelangt. Es stellt sich nun die Frage, weshalb der Obstbau für unsere Vorfahren in dieser Zeit wichtig war und welche Anstrengungen die Bevölkerung auf sich nahm, für einen herrlich duftenden Apfelkuchen, einen geschmacklich unvergleichbaren Most oder die Einzigartigkeit eines selbst gebrannten Zwetschgenschnapses. Für die Landbevölkerung war es vor den Zeiten des Wirtschaftswunders klar, einen großen Teil der für die Familie benötigten Lebensmittel, selbst zu erzeugen. Im Frühling und Sommer hatten Ackerarbeiten die höchste Priorität, Arbeiten für den niedriger priorisierten Obstbau wurden neben der Erntezeit im Spätsommer und Herbst vorwiegend im Winter durchgeführt. In den Wintermonaten ab November bis Ende Februar war es üblich Schnittmaßnahmen und Pflegearbeiten an den gepachteten oder eigenen Obstbäumen durchzuführen. Bis heute ist diese Zeit für Baumschnittmaßnahmen in den Köpfen der Menschen verankert. Aufgrund der höheren Anfälligkeit für Baumkrankheiten während dieser Zeit ist dieser Ansatz allerdings falsch. Viel besser wäre es Bäume zu schneiden, wenn diese im Saft sind und demzufolge in der Lage wären zu bluten und somit Erreger und Pilzsporen abzuwehren. Nichtsdestotrotz war es das Ziel der Pflegearbeiten den regelmäßigen Ertrag aufrecht zu erhalten und die Fruchtqualität zu erhöhen. Neues Fachwissen und Erfahrungen der Schnittkunde verbreiteten sich innerhalb der Interessenkreise. Doch nicht nur deshalb entstanden während dieser Zeit beeindruckende und Respekt einflößende Bäume. Es war auch üblich die Obstbäume durch regelmäßiges Düngen mit Stallabfällen mit ausreichenden Nährstoffmengen zu versorgen. Trotz des noch vorhandenen Entwicklungspotenzials in der Baumpflege und der ein oder anderen Aststütze waren die Bäume dieser Zeit gebietsübergreifend in sehr gutem Zustand. Bevor wir in die Zeit nach dem Wirtschaftswunder eintauchen wollen wir uns in der nächsten Woche damit auseinandersetzen warum das Schneiden und Pflegen Einfluss auf Früchte und Baumerhalt hat.